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Kritische Buchmesse

2. Juni 2012 – 3. Juni 2012

Das Programm der Buchmesse:

SAMSTAG, 02. JUNI 2012
12 Uhr Buchvorstellung: „Georg Lukacs u.a. Verdinglichung, Marxismus, Geschichte.“ Markus Bitterolf
Das einflußreichste Werk von Georg Lukács (1885-1971) ist die Aufsatzsammlung Geschichte und Klassenbewußtsein, ein Grundlagentext des westlichen Marxismus und der kritischen Theorie. 1923 erschienen, sorgte sie sofort für hitzige Kontroversen und brachte Lukács viel Kritik ein: dem sozialistischen Lager war sie zu marxistisch, den Leninisten nicht linientreu genug.
Schon früh distanzierte sich Lukács von diesen Schriften, sowohl unter dem Eindruck ihrer immanenten theoretischen Widersprüche, als auch durch seine eigene Entwicklung zum stalinistischen Kader. An ihrer Wirkung änderte dies allerdings nichts.
Der Band enthält Lukács‘ Aufsätze “Was ist orthodoxer Marxismus?” und “Die Verdinglichung und das Bewußtsein des Proletariats” aus Geschichte und Klassenbewußtsein (mit den Seitenzahlen der Werkausgabe). Darum kreisen die Diskussionsbeiträge.

14 Uhr Lesung: “Leben oder Staudamm“ Ulrike Bürger, Shankar Narayanan
Mehr als 80 Millionen Menschen sind in den letzten fünf Jahrzehnten weltweit durch den Bau großer Staudämme zwangsumgesiedelt worden. Für die indigenen Bevölkerungen sind die Folgen besonders verheerend. Sie werden von ihrem Land vertrieben und ihre traditionelle Lebensweise wird zerstört. Sie müssen dafür kämpfen, völlig unzureichende Landkompensationen oder Entschädigungen zu erhalten. Häufig landen sie in den Slums der Großstädte. Der Widerstand gegen Staudämme braucht unsere Solidarität, denn die Planungen für weitere industrielle Großprojekte im Namen einer fragwürdigen Entwicklungsideologie sind ungebrochen. Am Beispiel der Bewegung zur Rettung der Narmada (NBA), einer der wichtigsten ökologischen Widerstandsbewegungen der letzten Jahrzehnte in Indien, zeigt das Buch, wie der globale Kapitalismus Kämpfe um das Wasser, die Energiegewinnung und industrielle Großmachtambitionen verursacht. Der Widerstand der Menschen an der Narmada gegen die brutalen und manipulativen Repressionsstrategien von Staat und Konzernen ist ein Beispiel für den notwendigen Versuch, die Vielfältigkeit von Lebensweisen gegenüber der sich ausbreitenden Monokultur der Industriegesellschaft zu bewahren.

16 Uhr Vortrag: Frauenfrage in der radikalen Linken. Andrea Trumann
Dass Frauen selbst in linken Gruppen nicht gleichberechtigt sind, ist immer wieder Anlass für Ärger und Auseinandersetzungen auf Plena, sorgt in schöner Regelmäßigkeit für Sexismus-Debatten und führt auch immer wieder zu Spaltungen. Hin und wieder fragen sich die Gruppen auch, warum der Männeranteil bei ihnen so viel größer ist. Die Liste mit Vorwürfen ist lang: Gruppen und Veranstaltungen werden von Männern dominiert. Als anerkannte politische Arbeit zählen nur männliche Tätigkeiten, wie das Schreiben theoretischer Texte oder die Organisation einer militanten Antifa-Demo. Immer wieder kommt es sogar zum Vorwurf des sexuellen Missbrauchs oder der Vergewaltigung. Doch nicht nur in der Praxis, sondern auch in den Theorien der radikalen Linken wird das Geschlechterverhältnis oft ausgeblendet oder erscheint nur als Nebenwiderspruch. Auf der Veranstaltung soll zum einen gezeigt werden auf welchen Ebenen Frauen ausgegrenzt werden, aber auch auf welche Probleme die feministischen Gegenstrategien stoßen und warum der Begriff des Sexismus für eine Kritik am Geschlechterverhältnis nur bedingt tauglich ist.

18 Uhr Lesung: „ Kaltland“ Manja Präkels, Markus Liske, Karsten Krampitz
Die massiven Angriffe auf die Asylbewerberheime in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen, haben sich als Horrorszenarien eines neuen Rassismus nach der Wende in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Die Bilder von jubelnden Menschenmassen vor brennenden Häusern, untätigen Polizist_innen und Würstchenbuden für die Zuschauenden gingen um die Welt. Umso bemerkenswerter ist es, dass in den zahllosen Wende-Romanen, die seither erschienen sind, weder die Opfer eine Stimme erhalten noch die Täter_innen eine Rolle spielen. Und schon gar nicht wird die Frage nach den Folgen gestellt.
20 Jahre danach füllt »Kaltland« diese Leerstelle mit Erzählungen und autobiografischen Geschichten.

ab 21 Uhr Soli-Party im Haus Mainusch mit Dj Skaot

SONNTAG, 03. JUNI 2012
12 Uhr Lesung: „ Antifa.“ Mirja Keller, Moritz Krawinkel, Lena Kögler, Jan Schlemmermeyer
In dem Buch, «Antifa – Geschichte und Organisierung», verfolgen die Autor_innen die Vorläufer, Theorien und Praktiken der linksradikalen Antifaschist_innen und erläutern konkret die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der gegenwärtigen Ausprägungen, wie Antideutsche, Antinationale oder Bewegungslinke.
Den Leser_innen bietet sich mit diesem Buch die Möglichkeit, Erkenntnisse über bereits erarbeitete und verworfene Theorien sowie Erfolge und Niederlagen der Praxis zu sammeln, was gerade für die moderne, sich im stetigen Wandel befindliche, radikale Antifa von großer Bedeutung ist.
Das Buch hilft dabei, Wissen um die eigene Geschichte zu erlangen, damit das Rad nicht immer neu erfunden werden muss. Stattdessen können die Leser_innen die Entwicklung einer gesellschaftlich wirksamen, emanzipatorischen Bewegung vorantreiben.

14 Uhr Lesung: „ Zuflucht in einem fremden Land“ Sonja Wegner
Exil in Uruguay 1933-1945. Vortrag und Lesung zum Thema Flüchtlingspolitik in den 1930er Jahren und die Lehren für die heutige Zeit.
Uruguay, das kleinste Land Südamerikas (damalige Bevölkerung etwa 2,2 Mio.) hat in der Zeit von 1933-1943 etwa 10.000 deutschsprachige, überwiegend jüdische Flüchtlinge
aufgenommen, die größtenteils in der Hauptstadt Montevideo geblieben sind. Wie ist das Land damit umgegangen und welche klaren Lehren können wir daraus heute noch ziehen?

16 Uhr Lesung: „Im Namen des Flummiballs“ Christof Neubauer
Skurrile, ätzende, widerliche, menschenverachtende – kurz: Ganz normale Geschichten aus dem Gerichtsalltag.
Das Büchlein zeigt anhand etlicher kurzer Anekdoten, wie rücksichtslos Justiz bei der Abstrafung und Disziplinierung von Menschen vorgeht. Dabei gerät der Strafwahn mitunter deutlich ins Lächerliche, wird aber mit der arroganten Pose von Robe und Uniform durchgesetzt.

18 Uhr Buchpräsentation: „Antiziganistische Zustände 2.0“ Agnes Krol, Benedikt Wolf
Kritische Positionen gegen gewaltvolle Verhältnisse.
Historisch und bis heute haben antiziganistische Diskriminierungs- und Verfolgungsmaßnahmen, kulminierend in der nationalsozialistischen Massenvernichtung, zumeist verheerende Auswirkungen auf als ›Zigeuner‹ stigmatisierte Menschen gehabt. Ideologisch spielen antiziganistische Muster eine zentrale Rolle ebenso in völkischer Ideologie wie in bürgerlicher Identitätsbildung. Eine Kritik des Antiziganismus muss somit als notwendiger Bestandteil einer emanzipatorischen Gesellschaftskritik angesehen werden.
Aus einer Perspektive der Kritik an der Mehrheitsgesellschaft versucht dieser Band bisherige Debatten fortzusetzen und dabei eine Verknüpfung von theoretischer Begriffsbildung, historischer Darstellung und empirischer Analyse zu leisten. Die Breite der Beiträge soll dabei als Stärke verstanden werden, die es ermöglicht, die Kritik des Antiziganismus zu schärfen und Ansatzpunkte für eine Intervention aufzuzeigen.

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