AUSSTELLUNG “BLAUER HIMMEL ÜBER PEKING” (17. – 31.10.2014)
- Zeitgenössische chinesische Tuschemalerei und Fotografie
Vorstellung der ausstellenden Künstler - Wang Muyuu (Peking) & Jonas Otte (Mainz):
WANG MUYUU
1975 in Shandong geboren, Mitglied des Forschungsinstituts für Moderne Chinesische Tuschmalerei, ist ein zeitgenössischer chinesischer Tuschemaler. 1992 wurde er Schüler von Yang Zijiang, dem bekannten Landschaftsmaler aus Shandong. 2006 erhielt er unter der Betreuung von Prof. Yue Haibo den Master-Titel von der Kunstakademie Shandong verliehen. 2010 wurde er Mitglied des Ateliers für Moderne Tuschemalerei unter der Leitung von Prof. Liu Jin’an an der Capital Normal University. Wang Muyuu lebt in Peking und in Jinan, der Provinzhauptstadt Shandongs.
Chinesische Tuschemalerei:
Die chinesische Tuschemalerei, genauer gesagt die Wasser-Tuschemalerei, darf nicht nur auf der Grundlage der in ihr verwendeten Mal-Materialien definiert werden. So einfach ist es nicht. Natürlich sind die Eigenschaften der Tuschemalerei sehr stark durch die Mal-Materialien geprägt: Materialien wie Maobi, der chinesische Mal- und Kalligraphie-Pinsel, Xuanzhi, das Xuan Papier*, die Tusche, mineralische Farben und natürlich das Wasser. Will man den Begriff chinesische Tuschemalerei definieren, so muss man einen grundlegenden Unterschied zwischen der chinesischen Tuschemalerei und der westlichen Öl- und Wasserfarbenmalerei berücksichtigen:
Das Ergebnis der Begegnung zwischen chinesischem Pinsel und Xuan Papier, vor allem dem Sheng Xuan Papier**, ist nur zum Teil kontrollierbar, liegt nur zum Teil unter der Kontrolle des Künstlers.
Ein Teil bleibt immer unkontrollierbar. Die chinesische Tuschemalerei strebt nach einer idealen Kombination zwischen dem kontrollierbaren und unkontrollierbaren Teil. Eine weitere Besonderheit der Tuschemalerei ist ihr quasi geschriebener Charakter. Tuschemaler sagen häufig, dass sie Bilder mit dem Maobi schreiben und nicht malen. Der wesentliche Unterschied zwischen Schreiben und Malen ist, dass Malen abhängig von der Form des Gemalten ist; hier wird die Ähnlichkeit zwischen Bild und Gegenstand betont. Im Vergleich hierzu stehen beim Schreiben mehr der Zustand des Künstlers, seine Gedanken und Gefühle im Vordergrund.Wasser und Tusche bedeutet den Kennern der chinesischen Kultur auf keinen Fall nur einen Unterschied der Mal-Materialien zwischen chinesischer und westlicher Malerei. Farblich gesehen ist Tusche rein schwarz. Sie erzeugt den reinlichen Charakter dieser Kunstform. Die Tuschemalerei lehnt Farben nicht gänzlich ab, doch die in ihr verwendeten Farben entsprechen nicht wirklich den natürlichen Farben. Auf der anderen Seite reflektieren die Farben auch nicht ausschließlich die Gefühle des Künstlers. Farben erklären uns, dem Betrachter, unsere komplizierte Welt auf eine reine und einfache, philosophische Art und Weise. Erst wenn einem dies klar geworden ist, kann man tiefer in den Geist der chinesischen Tuschemalerei und Kultur vordringen.
Das Wasser hat in der Tuschemalerei eine genauso wichtige Funktion wie die Tusche selbst; und erst durch die Einwirkung des Wassers lassen sich aus dem Schwarz der Tusche und den mineralischen Farben vielfältige Farbtöne erzeugen. Aufgrund des Wassers sind Änderungen aber immer absolut. Das Wasser lässt keinen Stillstand zu. Alle Veränderung entstehen durch die zarte Einwirkung des Wassers. Dies betrifft auch die im Zhouyi (Yijing) beschriebenen universellen Wahrheiten.
Es wird deutlich, dass die chinesische Tuschemalerei sehr stark im Geist der chinesischen Kultur verankert ist. Man weiß zur Zeit nicht, welchen Weg die moderne Kunst finden wird, doch es ist mit Sicherheit nicht falsch, dass man sich gerade im Augenblick der fremden chinesischen Tuschemalerei samt ihren Assoziationen zur chinesischen Kultur, die ganz anders als die moderne Kunst ist, zuwendet.
* Xuanzhi, das Xuan Papier, im Deutschen auch als Reis- oder China-Papier bezeichnet, wird hauptsächlich für die chinesische Kalligraphie und Tuschemalerei verwendet. Das wichtigste
Rohmaterial für seine Herstellung ist die Rinde des Pteroceltis (Pteroceltis tatarinowii). Qualitativ hochwertiges Xuan Papier besteht zu 80 Prozent aus dieser Baumrinde.
** Es gibt bearbeitetes Xuan Papier (shu xuan, Bearbeitung mit Kaliumalaun) und unbearbeitetes Xuan Papier (sheng xuan). Unbearbeitetes Xuan Papier besitzt eine höhere Saugfähigkeit als bearbeitetes Xuan Papier.
Beschreibung der Wolken-Serie von Wang Muyuu:
„Das durch den Anblick der Wolken verursachte Nachdenken geht über Sprachen und Kulturen hinaus. Das Leben ist voll von Paradoxem. Alle Antworten aber können in der Natur gefunden werden. (…) Ich glaube, ich male nicht die Natur, sondern das menschliche Leben.“
(Wang Muyuu, Januar 2014)
JONAS OTTE